by RA Dr. Christian Adam

Wundern oder ärgern Sie sich, wenn Sie z.B. auf der Tauernautobahn A 10 von einem ausländischen Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit jenseits von eschätzten 180 km/h überholt werden, während Sie selbst korrekt die verordnete Höchstgeschwindigkeit einhalten?

 

Doch Hand aufs Herz. Machen Sie sich vor Reisen ins Ausland wirklich mit den Verkehrsvorschriften der jeweiligen Länder im Detail vertraut (wozu Sie nach den jeweiligen nationalen Geboten verpflichtet wären)? Wohl kaum, schließlich vertrauen Sie auf die bekannten inländischen Vorschriften und überlegen vielleicht, ob im EU-Raum nicht ohnedies die Verkehrsregeln angepaßt sind. Letzteres ist jedoch (noch?) nicht der Fall, jedes europäische Land verfügt über eigene, innerstaatliche Rechtsvorschriften im Straßenverkehr.

Klar ist wohl, dass z.B. die Übertretung von Überholverboten, die Nichtbeachtung des Rotlichtes an Ampeln oder die Überschreitung der zulässigen

Höchstgeschwindigkeit überall unter Strafe steht. Doch wußten Sie, dass die höchsten Strafeb in Italien, Frankreich und Spanien verhängt werden? Oder ist Ihnen bekannt, dass die Behörden in der Schweiz, in Italien und in Frankreich Ihr Fahrzeug sogar beschlagnahmen können, wenn Sie die Geldstrafe nicht sofort bei der Anhaltung entrichten? Aber auch die Promillegrenzen sind unterschiedlich. Die meisten Länder Europas normieren 0,5 Promille als Grenze, in Tschechien und Ungarn gilt jedoch eine 0,0 Promille-Grenze. In Italien ist beabsichtigt, die Grenze von 0,8 Promille noch heuer auf 0,5 Promille zu senken. Apropos Italien: Dort und in der Schweiz gilt z.B auch im Kreisverkehr die Rechtsregel.

Doch nun die gute Nachricht: Österreich hat derzeit nur mit der Bundesrepublik Deutschland ein Rechtshilfe- und Vollstreckungsabkommen im Verwaltungs- und Verwaltungsstrafbereich. Dies bedeutet, dass die Behörden anderer Länder Übertretungen von Österreichern im ausländischen Straßenverkehr nur an Ort und Stelle mit Erfolg ahnden können. Sollten Sie nach Ihrer Rückkehr nach Österreich eine Zahlungsaufforderung etc. erhalten, können Sie diese getrost ignorieren (hinzuweisen ist aber darauf, dass Sie Probleme bekommen können, wenn Sie bei einer erneuten Einreise in das "Deliktland" dort angehalten werden). Damit kehren wir nun zu unserem Eingangsbeispiel zurück. Ist der Geschwindigkeitssünder nicht mit einem in Deutschland zugelassenen Fahrzeug unterwegs, bleibt er straffrei, wenn er nicht noch in Österreich anghelaten wird. Ist das Fahrzeug aber in Deutschlang zugelassen, ist es unseren Behörden möglich, den Täter auch dort (erfolgreich) auszuforschen und strafrechtlich zu verfolgen, wenn die Übertretung evident ist, also z.B. durch Radarmessung festgestellt wurde. Die Reziprozität des Abkommens bedeutet aber, dass es deutschen Behörden möglich ist, in Deutschland von Lenkern in Österreich zugelassener Fahrzeuge begangene Verstöße auch in Österreich zu ahnden.

Der Gedanke eines EU-weit einheitlichen Straßenverkehrsrechtes oder Verfolgungsrechtes ist nicht neu und wird bereits auf verschiedenen Ebenen diskutiert. Meiner Meinung nach wird jedoch die tatsächliche Umsetzung noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Dann empfiehlt sich jedenfalls ein Umdenken.